Jurtenland - Notizen einer Fahrradexpedition in der Mongolei

Jurtenland_karte

ein paar Bilder gibt es hier

2003, das war das Jahr, in dem ich ein noch fast unerschlossenes Land mit dem Fahrrad erkundete. Viel hatte ich über das Land des Dschingis Khans gehört und gelesen und am 4. September war es dann soweit, ich saß im Flugzeug der russischen Fluggesellschaft »Aeroflot« mit dem Ziel Ulan Baator, die Hauptstadt der Mongolei. Die Stadt war zugleich Start und Ziel meiner Reise.

Für dieses Land ist es besser, wenn man seine Strecke nicht so genau plant, denn das Wetter ist unberechenbar. Kann doch eine Regenfront ganze Landstriche binnen Stunden unpassierbar werden lassen.
Und wenn man in dieses faszinierende Land »eintauchen« möchte, ist es besser sich den Gesetzen und dem Rhythmus der Steppe anzupassen. Unwetterbedingte Zwangspausen und die Gelassenheit der Nomaden lassen den Faktor Zeit zu einer relativen Größe werden und der Reisende ist bestens beraten reichlich davon im Gepäck zu haben.

Nachdem ich meinen »Drahtesel« startklar hatte, kurbelte ich zunächst einmal in Richtung Osten, einer sehr dünn besiedelten Ecke dieses großen Landes, das rund viermal so groß wie mein Heimatland ist. Durch flaches Grasland, vorbei an Jurten und Blockhütten ging die beschwerliche Reise. Über Stock und Stein holperte ich mit meinem Gefährt. Nur die ersten 120 km waren geteert. Das schwarze Asphaltband sollte ich erst nach 3500km wieder zu Gesicht bekommen.
Die kommenden Wochen waren von vielen Extremen durchsetzt, verlangten vor allem vom Körper einfach Alles. Sandige, steinige Pisten, starke Winde, Tagestemperaturen von bis zu -17 Grad und extreme Steigungen in den Gebirgen des Nordens und Westens machten das Vorwertskommen oft fast unmöglich.

Doch die ganzen Strapazen wurden auch belohnt. Fast jede Nacht genoss ich die Gastfreundschaft der Nomaden, die in ihren weißen runden Behausungen, den Jurten schon seit Urzeiten wohnen und auch heute noch durch ihr großes freies Land ziehen.
In Baruun Urt einer Bezirkshauptstadt (Aimak) traf ich Inkammar einem »verrückten» Radfahrer, der mit einem russischen Fahrrad ohne Gangschaltung 1994 in über sechs Monaten ca. 8500 km zurücklegte und immer in Grenznähe sein Land umrundete.
Ich war zu Gast bei Mönchen und Politikern, kämpfte mich durch Sandstürme und Schnee, schwitzte und fror, kurbelte mich hoch und runter durch die Bergwelt des Westens und Des Nordens, dachte oft das mich die Mongolei besiegen würde. Doch als ich Ende Oktober die Neubauten und die Schornsteine der Hauptstadt Ulan Bator wieder vor meiner Nase hatte, wusste ich, das ich der Sieger war.....

Obwohl ich noch eine Nacht in einem Gefängnis der Hauptstadt zubrachte und meinen Flug nach Hause verpasste bleibt das »Jurtenland«, die Mongolei ein unvergesslich schönes Erlebnis in meiner Erinnerung.
Drei tage Später als geplant hob dann die TU 214 am 4. November ab. Ich sah noch einmal aus dem Fenster, ein letzter Blick zurück auf die Stadt, die Jurten, die Berge die immer kleiner wurden und schließlich verschwanden.
In meinem Gepäck befanden sich viele Dias und etliche Stunden auf Minidisc gebannte Geräusche, Gesänge und Musik, auf genommen in Jurten, an der Straße und in Kulturhäusern.
Mein Kopf war voller Eindrücke und Erinnerungen. Der Abschied viel mir schwer. In der Hoffnung dieses Land noch einmal besuchen zu dürfen schlummerte ich in meinem Sitz der Heimat entgegen.