Einmal Nordkap und zurück - mit dem Fahrrad durch Nord - und Osteuropa

Karte-Nordkap

Kaum war ich von meiner Weltreise zurück, als mich das Fernweh Pläne schmieden ließ. Genauer gesagt: Ich hätte sofort wieder los fahren können. Trotzdem dauerte es ganze fünf Monate - gerechnet von meiner Ankunft und genau vier Jahre nach meinem Reisebeginn - bis ich wieder unterwegs sein durfte.

Am 1. Mai 2002 erfüllte sich ein alter Traum, den ich eigentlich schon seit der Wende träumte. Ich machte mich auf den Weg in den hohen Norden Europas, zum Nordkap.
Doch zuerst ging es durch Niedersachsen, nach Oldenburg. Dort besuchte ich einen Freund, der mit einer Frau aus Sankt Petersburg verheiratet ist. Sie war es auch, die mir schon mal mein Quartier in dieser Stadt bei einem ihrer Bekannten "vorreservierte".
Dann durchradelte ich das erste Land, das schon zu Skandinavien gezählt wird: Dänemark.
Vier schöne Tage inmitten freundlicher Menschen erlebte ich dort. Das sollte sich auch im nächsten Land, in Norwegen, nicht ändern.?Mein eigentliches Ziel, das Nordkap, liegt auf dem Territorium Norwegens. Aber bis dorthin hatte ich noch einige hundert Kilometer bergauf, bergab zu strampeln.

Ich genoss die wunderschöne Landschaft, Fjell und Fjord wechselten einander ab. Mein Fahrrad war immer noch das gleiche, mit dem ich schon die Welt erkundet hatte. Weit über 100 000 km steckten in den Rädern. So blieb die eine oder andere Panne nicht aus, mit der ich mich schon nach den ersten Kilometern in dieser ursprünglich, rauen Landschaft auseinander setzten musste.
Ich erreichte Trondheim, wollte dort meinen zweiten Pass mit dem russischen Visum vom Postamt holen: Fehlanzeige. Ich zog ohne "Eintrittskarte" von St. Petersburg weiter gen Norden., erreichte den Nördlicher Polarkreis, Narvik, die Hauptstadt der Finnmark, Alta, und.. das Nordkap... mit Mitternachtssonne. Diesen Anblick hatte ich mir redlich verdient.

Dann ging es logischerweise nach Süden, hinein ins nächste Abenteuer, nach Finnland, immer noch im hohen Norden im Reich der Rentiere, Kuksatassen und den Ureinwohnern, die sich selbst als Samen bezeichnen. Der viele Wald zeugte von unberührter Natur, die erwartete Mückenplage blieb aus. Ich erreichte auf kleinen Nebenstraßen Helsinki, die Hauptstadt. Noch immer hatte ich kein Visum. 10 Tage verbrachte ich mit Arbeit auf einer Ökofarm zusammen mit jungen Menschen - meine schönste Zeit in Finnland. 120 km weiter östlich stand ich dann auf dem kleinen Flugplatz bei Kotka, umgeben von dichtem Wald. Hier landeten meine Nordkapflieger aus der Heimat, übereichten mir den Pass mit dem lang ersehnten Visum für Russland, verschwanden so schnell wieder wie sie erschienen waren.

Ein paar schöne Tage verbrachte ich in St. Peterburg, das wirklich eine Reise wert ist. Weiter fuhr ich mit dem Ziel Tallin, die Hauptstadt Estlands wollte ich bis zum 8. Juli zu erreichen. An diesem Tag traf ich meine damalige Freundin Katja, die mich an bis zum Ende der Tour begleiten wollte. Auf der Straße des europäischen Abenteuers rollten also vier Räder durch das Baltikum, durch den Osten und Südosten Polens bis zur Stadt Krakau, einer Schönheit unter den Städten des Landes.
Ein Besuch Auschwitz-Birkenaus, dem ehemaligen Vernichtungslager, in dem mehr als eine Million Menschen in den vierziger Jahren durch die Nazis durch systematischen Massenmord umgebracht wurden , war auch ein Ziel unserer Polenrundfahrt. Einen Tag lang sahen wir uns diesen grauenvollen Ort an und versuchten zu begreifen. Es gelang uns nicht.

Die Slowakei, Ungarn, Österreich und die Tschechei wurden auch noch gemeinsam und strampelnder Weise von uns erobert, bevor uns wieder die Heimat und die Jahrhundertflut begrüßten.
Es war eine schöne Reise, die ohne größere Probleme relativ ruhig verlief.
10 400 km hatte ich mehr in den Waden und im Kopf.